Was ist mit diesem Kind los?
- Anna wirkt oft müde, ungepflegt und unkonzentriert.
- Finn wird schnell wütend und prügelt sich wegen Kleinigkeiten mit anderen Kindern.
- Tim ist oft krank, kommt fast täglich zu spät zur Schule und hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.
- Sophie ist plötzlich so schüchtern und ruhig. Sie lacht kaum mehr.
- Leo hat kaum mehr Zeit, mit seinen Freunden Fussball zu spielen. Ständig sagt er, er müsse nach Hause.
- Aline nässt und kotet wieder ein, obschon sie vorher zwei Jahre lang trocken war.
- Pascal hat ständig Hunger und bittet nach Essen.
- Und Lena erzählt manchmal schräge Dinge von daheim.
Menschen im Umfeld von Familien, in denen die Mutter oder der Vater psychisch erkrankt ist, merken oftmals am Verhalten der Kinder, dass etwas nicht mehr stimmt. Insbesondere Personen, die häufiger Kontakt mit den Kindern als den Eltern haben, fällt auf, dass sich ein Kind anders – aussergewöhnlicher – verhält. Oft sind diese Auffälligkeiten sehr unspezifisch und können auf Vieles hinweisen. Auffälliges Verhalten von Kindern kann auch schnell nachvollziehbare Hintergründe haben, wie beispielsweise den Verlust des geliebten Grossvaters. Es kann aber auch ein Hinweis auf ein verstecktes Problem sein – wie eben die psychische Erkrankung eines Elternteils.
Angst, Schuld und Scham
Kinder, die in Familien mit einem psychisch belasteten Elternteil aufwachsen, sind selber meist sehr stark von der Krankheit betroffen. Sie machen sich Sorgen um die Mutter oder den Vater. Sie verstehen nicht, was los ist. Das Verhalten des Elternteils kann befremdlich, beängstigend und bedrückend sein. Dies kann Ängste, aber auch Schuldgefühle erzeugen – die Kinder fühlen sich in vielen Fällen selber verantwortlich für das, was passiert. Und immer wieder geschieht es, dass die Kinder viel zu viel Verantwortung übernehmen für die erkrankte Mutter oder den erkrankten Vater und für jüngere Geschwister.
In den meisten Familien ist es ein Tabu, über psychische Krankheiten zu sprechen. So wird den Kindern nicht erklärt, warum die Mutter oder der Vater sich anders verhält oder so niedergeschlagen ist. Und wenn in der Familie selber noch darüber gesprochen wird, wird den Kindern oft verboten, mit Personen ausserhalb der Familie über die Krankheit zu sprechen. Wird eine psychische Erkrankung von den Erwachsenen zum Geheimnis gemacht, hat dies häufig zur Folge, dass die Kinder sich für die Erkrankung des Familienmitglieds schämen.
Kampf und Rückzug
Kinder, die in familiär belastenden Situationen leben, reagieren mit den unterschiedlichsten Verhaltensweisen auf diese Belastung. Grundsätzlich kann jede starke Veränderung im Verhalten eines Kindes darauf hinweisen, dass es unter der Situation in seiner Familie oder in seinem Umfeld leidet.
Einige Kinder werden aggressiv und laut, andere still und unauffällig. Beides kann darauf hinweisen, dass es einem Kind nicht gut geht. Ob die Probleme tatsächlich in der Familie bestehen, ist damit noch nicht klar. Auch Kinder, die gemobbt werden oder andere Formen psychischer oder physischer Gewalt ausserhalb ihrer Familie erleben, zeigen häufig auffällige Verhaltensweisen. Und auch eine nicht dem Alter entsprechende Entwicklung kann solchem Verhalten zugrunde liegen. Ob ein Kind emotional und kognitiv seinem Alter entsprechend entwickelt ist, kann nur eine Fachperson feststellen.
Als aussenstehende Person haben Sie verschiedenste Möglichkeiten, einem Kind, das Probleme zu haben scheint, zu helfen.