Wie kann ich helfen?
Wenn Sie mit Familien zu tun haben, in denen ein Elternteil psychisch belastet ist, sollten Sie sich ein gründliches Bild der Verhältnisse in dieser Familie machen. Fragen Sie immer wieder nach, wie es im Alltag läuft, wie es mit den Kindern geht und ob die Kinder gut durch die belastende Situation begleitet werden. Geben Sie sich nicht mit schnellen Antworten und Abwiegelungen zufrieden.
Wenn sich Ihnen als behandelnder Arzt oder Therapeut eine Situation darstellt, die für die Kinder unbefriedigend ist, übernehmen Sie Mitverantwortung, damit auf solche Missstände reagiert wird und die Kinder nicht weiter diesen Belastungen ausgesetzt bleiben. Vermitteln Sie den Eltern die dafür zuständigen Fachstellen in Ihrer Gemeinde oder Region.
Tun Sie diese Triagierung in geklärter Absprache mit den Eltern. Manchmal benötigt es mehr als ein Gespräch, um sie von diesem Schritt zu überzeugen. Die Eltern haben häufig Angst, als schlechte Eltern angesehen zu werden und sie haben Scham- und Schuldgefühle ihren Kindern gegenüber. Diese Gefühle verstärken die Abwehr von angebotener Hilfe. Wichtig ist: bleiben Sie dran, bis sich eine befriedigendere Situation herstellen lässt, damit die Kinder nicht alleine gelassen werden.
Wird darüber gesprochen?
Wenn Sie mit Kindern zu tun haben, deren Eltern psychisch belastet sind, ist es wichtig, dass Sie die Eltern und Kinder fragen, wie über das Thema in der Familie gesprochen wird. Spricht die Familie offen darüber, ist sie bereits auf dem Weg, die Erkrankung oder akute psychische Krise positiv ins Familienleben zu integrieren. Das ist wichtig für die Krankheitsverarbeitung von Kindern und Eltern.
Wird offen über das Thema gesprochen, dann können auch Sie offen mit der Familie darüber sprechen. Eine solche Ausgangslage ist für Kinder und Eltern optimal, denn in der Regel fällt es den Familienmitgliedern so auch leichter, Hilfe von Verwandten oder Fachleuten anzunehmen.
Wenn Sie merken, dass nicht offen über das Thema gesprochen wird, fallen sie nicht mit der Tür ins Haus. Die Eltern könnten Ihnen das sehr übel nehmen und als Grenzüberschreitung werten. Gehen Sie sachte vor. Lassen Sie sich in Abwesenheit der Kinder von den Eltern schildern, was sie zurückhält darüber zu reden. Liegen Schuld- und Schamgefühle zugrunde oder fehlen die Worte, um es kindergerecht und altersentsprechend zu vermitteln? Fürchten sie sich vor den Reaktionen der Kinder, haben sie Angst sie zu überfordern?
Wenn solche oder ähnliche Hemmnisse vorliegen, benötigen betroffene Eltern noch Zeit im Umgang mit ihren Widerständen. Ideal kann es sein, wenn die Eltern eine Therapeutin oder einen Berater zur Seite haben, die den Klärungs- und Auseinandersetzungsprozess anstossen und therapeutisch begleiten.
Wer spricht mit den Kindern?
Idealerweise sprechen die Eltern zusammen mit ihren Kindern. Manche Eltern einigen sich, dass das gesunde Elternteil die Aufgabe alleine übernimmt, weil z.B. der erkrankte Elternteil noch in der Klinik weilt. In dieser Stresssituation für alle Familienmitglieder ist es besonders wichtig, dass die Kinder mit ihren Fragen und Überlegungen nicht alleine bleiben. Denn die Klinikabwesenheit eines Elternteils löst viele Fragen und Gefühle bei Kindern und Jugendlichen aus.
Es kann auch sein, dass sich Eltern vor einem Aufklärungsgespräch mit ihren Kindern zuerst beraten lassen möchten. Das iks bietet entsprechende Hilfe an. Kontaktieren Sie uns oder nennen Sie den Eltern diese Möglichkeit direkt.
Was tun, wenn die Eltern mauern?
So lange die Eltern nicht von sich aus bereit sind, mit ihren Kindern über die Erkrankung zu sprechen, bringt es nichts, wenn Sie die Eltern unter Druck setzen. Statt sich zu öffnen, werden sie sich dieser Aufgabe eher noch mehr verschließen. Weisen Sie die Eltern immer wieder darauf hin, wie wichtig es für die Kinder ist, zu wissen, was los ist. Gleichzeitig sollten Sie den Eltern aber auch den Raum zugestehen, sich damit zuerst innerlich auseinanderzusetzen.
Manchmal bleiben Eltern überfordert, das Gespräch mit ihren Kindern und Jugendlichen aufzunehmen. Die Überforderung kann verschiedene Gründe haben. Es fehlt ihnen die Kraft oder das Selbstvertrauen. Oder ihr Zugang zum Kind oder Jugendlichen ist konfliktreich. Oder sie sind hilflos im Finden der Worte, die dem Alter ihrer Kinder angepasst sind.
Dann sind alternative Lösungen zu suchen, z.B. dass eine möglichst nahe Bezugsperson des Kindes diese Aufgabe stellvertretend übernimmt. Je vertrauter dem Kind die Bezugsperson und je erprobter ihr Zugang zum Kind ist, umso mehr fühlt sich das Kind getragen und wird sich trauen, seine Fragen zu stellen. Diese Vertrauensperson kann beispielsweise der getrennt lebende Vater, die Grosseltern, ein Gotti, eine Schwester des Elternteils oder die Tages- oder Pflegemutter sein. Wichtig ist, dass der betroffene Elternteil zu diesem Vorgehen einwilligt.
Manchmal kann es unterstützend sein, wenn der behandelnde Arzt/Therapeut des Elternteils ein Familiengespräch ansetzt und die Aufklärung über die elterliche Erkrankung zusammen mit dem Elternteil führt.
Bei Gefährdung der Kinder sofort handeln
Wenn sich Ihnen beim näheren Nachfragen eine hochakute desolate familiäre Situation mit hoher Gefährdungsstufe präsentiert, handeln Sie sofort und reichen Sie unverzüglich eine Gefährdungsmeldung bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ein. Erklären und begründen Sie, warum es für die Kinder und auch für das erkrankte Elternteil wichtig ist, dass externe Hilfe eingefordert wird und zwar sofort.
Die folgenden drei Kurzfilme haben wir speziell für Fachpersonen erstellt. Darin:
- erzählt ein Lehrer von seiner Erfahrung mit einer Schülerin, deren Mutter psychisch erkrankt ist
- eine Schulsozialarbeiterin, was sie für die Arbeit mit belasteten Familien raten kann und
- ein Erwachsenenpsychiater, wie er in solchen Fällen mit Familien arbeitet.